Talk mit Alt-OB Lutz Trümper

22 Besucher füllten das „Wohnzimmer“ der MWG-Museumswohnung beim „Talk mit Trümper“ am Dienstag in Alte Neustadt. Im Gespräch mit dem Journalisten Jens-Uwe Jahns plauderte der frühere Oberbürgermeister über die schönsten und bittersten Momente seiner Amtszeit (2001-2022). Der Doktor der physikalischen Chemie, der eigentlich nie hauptamtlich Politiker werden wollte, erinnerte launisch an Willi Poltes überraschenden Rücktritt von seiner OB-Kandidatur beim Neujahrsempfang 2001. Als Stadtvorsitzender der SPD und in Ermangelung anderer „Freiwilliger“ sprang er in die Bresche, um die sozialdemokratische OB-Tradition in Magdeburg fortzusetzen. Es war das erste und letzte Mal, das Trümper in eine Stichwahl musste.

Eine seiner schwersten Entscheidungen als OB fiel gleich zu Beginn seiner 21-jährigen Amtszeit: Angesichts eines plötzlich klaffenden Haushaltsdefizites musste der „pragmatische Stratege“, wie er sich selbst nennt, den Rotstift anlegen: „Es war sehr, sehr bitter, Schulen und Kitas schließen zu müssen. Dass auf dem Ring kein Licht mehr brannte oder die Brunnen nicht mehr sprudelten, war verkraftbar, aber Kindern weitere Wege zuzumuten, tragisch.“ Sogar der Haussegen hing schief, weil er mit dem Immanuel-Kant-Gymnasium ausgerechnet die Einrichtung schließen musste, in der seine Frau so gern als Lehrerin arbeitete.

Zu den schönsten Erinnerungen seiner ereignisreichen Amtszeit zählt er das 1200-jährige Stadtjubiläum, die Verleihung des 1. Kaiser-Otto-Preises 2005, die Einweihung des „Stadion Magdeburg“ (heute Avnet Arena) durch Franz Beckenbauer im Dezember 2006 und intensive, teils auch persönliche Begegnungen mit SPD-Granden wie Egon Bahr oder Sigmar Gabriel. Auch die Sanierung nahezu aller Kitas und Schulen hält er für einen der schönsten Früchte seiner Arbeit: „Das gibt es kaum anderenorts in Deutschland.“

Die geplatzte Intel-Ansiedlung sieht Trümper, der nicht nur viele Tage und Nächte für diese „einmalige Chance für Magdeburg“ verbracht haben dürfte, mit Bitterkeit und Realismus: „Es wäre die größte Investition in Deutschland gewesen und hätte unsere Stadt in eine andere Dimension katapultiert.“ Doch man müsse akzeptieren, dass Wirtschaftsunternehmen gute und schlechte Zeiten erleben und darauf aktuell reagieren müssen. Ob das Invest für alle Zeiten begraben ist, mag er nicht beurteilen: „Alle, mit denen wir damals bei Intel zu tun hatten, sind nicht mehr da. Und angesichts der Trump-Politik, der alles wieder nach Amerika holen will, wird es schwierig.“ So bitter dies sein würde, „Das Areal hat auch für andere ein großes Potential.“

Mit einem süffisanten Lächeln berichtete er über seinen eher knorrigen Arbeitsstil, zu dem u. a. gehörte, dass Gäste im Büro nie einen Kaffee bekamen und nach maximal einer Stunde mit einer Entscheidung entlassen wurden: „Das wussten alle, dass ich Rumgeeiere und Smalltalk nie leiden konnte.“ Eine weitere Eigenart: „Mein Schreibtisch war zum Feierabend immer leer. Ich habe nie Post mit nach Hause genommen, sondern diese jeden Tag erledigt.“

Inzwischen genießt er als Rentner die Freuden eines fünffachen Großvaters und freut sich auf seine lang vorbereitete Australien-Rundfahrt in diesem Jahr. Die Arbeit seiner Nachfolgerin Simone Borris mag er nicht bewerten – im Gegensatz zur Berliner Politik und der für ihn unrühmlichen Rolle der SPD: „Ich habe seit der Übergabe der Amtskette zwar ein paar Mal mit ihr telefoniert, aber öffentlich halte ich es für unangebracht, mich dazu zu äußern.“

Foto: Michael Schwartz