US-Student recherchiert für Masterarbeit in Olvenstedt

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Jesse vor seiner Wohnung in der Hans-Grade-Straße. Hier verbrachte er 2 Wochen, um für seine Masterarbeit zu recherchieren

Er sorgte zwei Wochen für viele verdutzte Gesichter. Auf die Neu-Olvenstedter muss Jesse Coburn wie ein Exot gewirkt haben. Was, um Himmels Willen, ist an unserem Stadtteil so spannend, dass sich ein US-Amerikaner so brennend dafür interessiert? Jesse Coburn wagte zwei Wochen lang sogar den Selbstversuch: 14 Nächte verbrachte er auf seiner Luftmatratze in einer leeren MWG-Wohnung in der Hans-Grade-Straße. Einziges „Möbelstück“ war sein rotes Fahrrad, das er immer am Mann hat.

„Olvenstedt ist unglaublich grün, ruhig und idyllisch“

Was treibt so einen aus New York-City nach Olvenstedt? „Ich recherchiere für meine Masterarbeit. Thema: ,Die Großsiedlungen der ehemaligen DDR’.“Ja, und was ist daran so spannend für Amis? „Der Wandel einer wunderbaren Idee von preiswerten Wohnungen, um die sich die Menschen gerissen haben, bis zum heutigen Image als Abrissobjekt.“ Der 28-Jährige, der an der University of New York Journalismus und European Studies studiert, aber hat in seinen zwei Olvenstedter Wochen viele seiner Vorurteile ändern müssen. Wenn sich ein Viertel von 30.000 Einwohnern 1989 auf 10.000 heute schrumpft, dann spricht das ja nicht gerade für eine schöne Wohngegend. Doch Olvenstedt hat mich total überrascht: Hier ist es so unglaublich grün, ruhig und idyllisch – das ist für eine Großstadt völlig ungewöhnlich.“

Jesse im Gespräch mir Michael Stürze, Leiter der Wohnungswirtschaft
Jesse im Gespräch mit Michael Stürze, Leiter der MWG-Wohnungswirtschaft

Antworten gab es nicht nur bei der MWG, sondern vor allem bei den Menschen

Hintergrundinfos holte er sich auch bei der MWG – übrigens der einzige Vermieter im Viertel, der bereit war, den Studenten aus den USA zu empfangen: „Ich habe es bei vielen anderen versucht, aber die waren alle so kompliziert.“ Michael Stürze, den Chef der MWG-Wohnungsvermietung, löcherte Jesse mit Fragen nach aktuellen Wohntrends, nach Mieterstrukturen, nach Mietererwartungen und –wünschen. Und immer wieder versucht der Student zu erkunden, wie Neu-Olvenstedt entstanden ist und warum es sich so dramatisch verändert hat. Und wie konnten Vermieter wie die MWG wirtschaftlich überleben, wenn doch so viele Menschen ihre Neubauwohnungen verlassen haben? Auch die Frage, wie aus dem Vorzeigeviertel Neu-Olvenstedt ein sozialer Brennpunkt werden konnte, brannte Jesse auf den Nägeln.

Am Ende, sagt Jesse, hat er Antworten gefunden. Nicht nur bei der MWG, sondern vor allem bei den Menschen: „Ich habe unglaublich viele nette, aufgeschlossene und kluge Menschen kennengelernt. Magdeburg wird mir lange in Erinnerung bleiben.“